Von zweien die auszogen das Fürchten zu lernen

Als Kieler- und Vielsegler kann man Pfingsten auf dem Sofa vom Segeln träumen, oder die Rurseewoche, die Nordseewoche, die Dr. Rösch Regatta, die Rheinwoche und noch unzählige andere Regatten segeln.
Die Rheinwoche 2009 wurde uns, Volker Vau (der wie immer einen gigantischen Job an der Vorschot hinlegt) und Michael Hübner, (nicht nur) in der Kieler Szene mehrfach herzlich empfohlen, also haben wir kurzerhand da gemeldet und an­schließend erst über das Abenteuer nachgedacht.
Die Vorbereitung erfolgte durch Studien im Internet (www.rheinwoche.org), dort auch weitere Links). Frage: Wo können wir pennen? Sollen wir mit zwei Autos einen privaten Shuttledienst organisieren oder ins Hotel? Antwort: alles nicht nötig, den Shuttle organisiert die Regattagemeinschaft Rhein e.V. (RGM) und der Ausrichter, der Yachtclub Novesia (YCNo) aus Neuss. Also: Freitag morgen auf nach Zündorf.
Dort wird man schon auf der Durchgangsstraße empfangen und eingewiesen. Dann erst mal die Lage peilen, danach Einchecken: Mast stellen und Einkranen klappen prima; tolles Bild, wenn das eigene Boot in 20 und mehr Metern Höhe durch Zeit und Raum schwebt.
Nach dem Einkranen fahren wir PKW und Hänger durch den Pfingstreiseverkehr über die A3 auf einen bewachten Parkplatz in Emmerich. Von dort geht’s mit einem komfortablen Reise­bus zurück Richtung Zündorf. Alles von der RGM organisiert, einfach Klasse. Und der Fahrer verkauft gut gekühltes Bier. Jetzt, wo wir das Auto los sind, sehr willkommen.
Abends die erste Party, man gewinnt einen Eindruck über das bevorstehende Erlebnis, man ist gespannt bis nervös, man weiß noch nicht, was kommen würde, was man vergessen oder falsch vorbereitet hat. Schlafen im Massenlager zwischen lauter Jugendlichen, die uns Oldies unsere vier Stunden Schlaf aber gönnen. Motto (geklaut von der Nordseewoche): Wer die Rheinwoche nutzt, um sich zu erholen, ist selber schuld. Frühstück auf dem Begleitschiff „Godesia“. Mittagessen zwischen den Wettfahrten auch. Total freundliche Crew, welche die Meute von rund 300 Seglern routiniert bedient. Auf der Godesia sind auch Veranstaltungszentrum (Steuermanns­besprechung, Siegerehrung, etc.) und Regatta­büro. Dieses zeigt sich bei allen Fragen als sehr kompetent und hilfsbereit.
Ja, und dann der erste Start:
Großes Geknubbel im Hafen, denn es machen sich knapp100 Segelboote (vom Laser bis 30m2 Schärenkreuzer) mit über 20 Begleitschiffen in Zündorf auf den Weg nach Emmerich. Zwischenstopps in Leverkusen, Neuss, Duisburg und Wesel. Wetter und Wind sind an allen Tagen einfach genial (Sonne und immer über 2 Windstärken aus Nordost, also Bergauf). Auch für den „Spaßvogel“ geht es vorsichtig aus dem Hafen, und er steckt zum ersten Mal seine Nase in den Strom. Man hatte uns gesagt, man kann den Strom so gerade aussegeln. Geht auch, aber man muss gut aufpassen, weit weg von der Linie bleiben und erst nach der Faustformel 100 Meter = 1 Minute losfahren. Klappt beim 5. (und letzten) Start schon ganz ordentlich. 3 mal sind wir zu vorsichtig und damit zu weit weg, einmal kommen wir wegen Gedränge erst zu spät aus dem Hafen raus. Mit uns in unserer Startgruppe Dyas, Sailhorse und Schwerter, mit denen wir nach Herzenslust matchen. Nach einer Stunde kommen von achtern die schnellsten Yardsticker auf, dafür laufen wir auf die langsameren der H-Boote aus der Vorgruppe auf.
Und immer auf die Berufsschifffahrt achten.
Gerade die Talfahrer kommen sehr schnell auf, also immer nach hinten schauen. Vorfahrts­themen innerhalb der Startfelder gibt es wenige, und wenn, wird das äußerst fair gehand­habt. Dafür sorgt allein schon der Respekt vor dem Revier. Elend lange Kreuzschläge, die Knie schmerzen, die Aufmerksamkeit und die Kräfte schwinden. Wenn man danach wieder aufmachen kann, wird das Segeln durch die Städte und durch herrliche Landschaften zum Genuss. Bis auf streckenweise Glitsche hat man auch Zeit für Essen und Trinken und zum Aufklaren, denn die nächste Kreuz kommt bestimmt.
Zur Sicherheit:
Die kommt vor allem anderen. Rechtzeitiges Wenden vermeidet Tonnenberührungen, man muss den Strom mit einkalkulieren. Wasserschutzpolizei, DLRG, Rotes Kreuz, private Motorboote, THW, alle betreuen uns und passen auf uns Segler auf und ermahnen uns, wenn wir einem Berufsschiff zu nahe kommen. Das finden wir toll. Besonders, als der Wind bockig wird und am zweiten Tag auf bis zu 5 Bft auffrischt und an Bord für hektische und Kraft zehrende Aktivitäten sorgt. Und geht mal etwas schief, ist man froh, wenn Hilfe in unmittelbarer Nähe wäre, wenn man sie bräuchte.
Nach Streckenlängen zwischen 27 und 44 km wird das Ziel sehnsüchtig erwartet. Nach dem Zieldurchgang schnell aus der Strommitte an den Rand zum jeweiligen Hafen, dessen Einfahrt meistens einige 100 Meter unterhalb des Ziels liegt. Festmachen, Segelbergen und Boot Aufklaren bereiten unsägliche Mühen, man hilft dann nur noch dem Päckchen-Nachbarn und spätestens dann grinst man sich an und sagt „Irre. Einfach nur irre.“ Die Entscheidung zwischen Dusche und „erstmal ein Bier“ ist dann schnell getroffen.
Abends in den Zielhäfen ist immer Party mit Grillwurst und, je nach Ort, Kölsch, Alt oder Pils. Persönliche Race Fans (Familie und Freunde, auf ihrem Rückweg mit dem Rheinwoche-Bazillus befallen) kommen zu Besuch, man trifft alte Kumpels, man erzählt sich von dem genialen Holeschlag, als alle andern falsch gesegelt sind, und noch `ne Grillwurst und noch`n Bier und Vorstellung der Teilnehmer und (Zwischen-) Siegerehrung und Life Musik, mehr geht einfach nicht. Und genau dahinter verbirgt sich die schlechte Nachricht: Es ist einfach nicht vorstellbar, dass man das noch steigern kann. Pfingsten 2009 mit super Sonne und Wind und einer tollen Stimmung unter Teilnehmern und Betreuern bleibt uns unvergesslich.
Das Abenteuer ist nicht billig, aber sehr preiswert. Und die Betreuung durch geschätzte ca. 50 ehrenamtliche Helfer (Organisatoren, Zeitnehmer, Starter, Shuttles, Schlepper, Betreuer, Sicherheit, Rettung, u.v.a.m) ist vorbildlich. Die opfern vor und während der Veranstaltung ihren Urlaub und ihre Freizeit, damit wir Segler unseren Spaß haben.

Dafür ein ganz herzliches Danke schön.
Also Pfingsten 2010: Sofa - schon mal gar nicht. Ich werde Werbung für die Rheinwoche machen.
Herzliche Grüße sendet

Michael Hübner
GER 3822
Spaßvogel
Übrigens: zu Hause in Aachen angekommen, glücklich und kaum Stau, aber müde und kaputt und die Knochen taten weh, da gab es … Grillwurst - und -! Eifeler Landbier.


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